Kinder sind die Konsumenten der Zukunft
Die Bindung an bestimmte Marken beginnt erstaunlich früh. So kann man im Spiegel lesen, dass Marken bis zum 10. Lebensjahr in den Köpfen der Kinder eingeprägt sein müssen, so eine Marketingfaustregel. Dazu ergänzend verweist Melissa Müller in ihrem Buch darauf, dass Kinder zwischen 9 und 11 Jahren ein kritisches Qualitätsdenken entwickeln und sehr genau die Versprechen der Werbung mit den tatsächlichen Eigenschaften der Produkte vergleichen.
Daraus kann man schlussfolgern, dass Kundenbindung also eigentlich schon vor diesem für die Branche kritischen Alter erfolgen muss, um sich auf dem Markt durchzusetzen. Sehr oft bleiben wir selbst auch „unseren Lieblingsmarken“ aus der Kindheit treu (unter Berücksichtigung von Ost/West-Bedingungen natürlich) und geben diese Vorlieben an unsere Kinder weiter. Dies erinnert mich an den Dominoeffekt, denn unsere Kinder geben es wieder weiter usw. In dem Buch „Die kleinen Könige der Warenwelt“ wird klar zu Ausdruck gebracht, worum es letztlich geht: „…darum, unser gesamtes Wirtschaftssystem, in dem unsere Kinder die kleinsten aber wichtigsten, weil zukunftsträchtigsten Rädchen sind, aufrechtzuerhalten.“ (Müller 1997, S. 31 f)
Kinder werden als Impulsgeber, Kaufmotoren, Kaufbeeinflusser und Markendurchsetzter bezeichnet. Vergleicht man die Eltern-Kind-Beziehung von heute mit der zu „Oma’s Zeiten“ bzw. mit der vergangener Generationen, wird jeder feststellen, dass Kinder heute mehr Einfluss nehmen dürfen und wollen auf das, was sie tun, essen und trinken wollen. Die Zeiten, in denen sich Kinder Spinat oder Milch pur reinquälen mussten, sind vorbei. Heute wählen unsere Kleinsten den Spinat mit dem Blubb oder Kaba für die Milch und so ist beides richtig lecker. Wie schon zu lesen war wissen Kinder, was sie möchten und was nicht und darauf wird zum größten Teil auch, besonders von Eltern, Rücksicht genommen. Im Gegensteil, es wird zunehmend gewollt und gefördert, dass Kinder sich zu selbständigen und autonomen Persönlichkeiten entwickeln, wozu auch eigene Bedürfnisse gehören.
Mit diesem Aspekt ist auch die Tatsache verbunden, dass Eltern die Planung und Geburt eines Kindes als einen wesentlichen Höhepunkt in ihrem Leben (ihrer Karriere) betrachten. Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel. Oft konnte ich in meiner beruflichen Praxis erleben, wie es zum Lebensinhalt ja Lebensmittelpunkt wurde, dem Kind alle Fürsorge und Zuwendung, die den Eltern möglich war, angedeihen zu lassen. Und dazu gehört zu einem entscheidenden Prozentsatz, wie ich meine, auch die materielle und finanzielle Zuwendung. Nicht selten tragen auch Eltern (Kinder der letzten Generation) untereinander auf diesem Wege ihre eigenen kleinen Wettkämpfe aus.
Man kann ablesen, dass, abgesehen vom Alter, die reichliche Hälfte der Kids zumindest „manchmal“ die Entscheidungen der Eltern beim Einkauf beeinflussen. In vielen Familien übernehmen Kinder längst die Einkaufsregie. Dies beschränkt sich nach Erkenntnissen der Marktforschung nicht nur auf den Joghurt oder Brotbelag fürs Frühstück. Selbst bei größeren Ausgaben entscheiden die Eltern nicht ohne ihre Sprösslinge. Nahezu ein Drittel aller Möbelkäufe und jede fünfte Neuwagen-Anschaffung wird vom Urteil der Kinder beeinflusst. Und im Bereich der Computer und Stereo-Anlagen stehen nicht selten die Kids ihren Eltern als Berater zur Seite.
Marken werden spätestens bei Jugendlichen zu einem wichtigen Teil der Selbstinszenierung und haben eine große Bedeutung, in dem sie ihnen eine Möglichkeit zur Identifikation bieten. Markenprodukte sind für sie zudem ein Synonym für Qualität. Sie wollen Qualität im Sinne von Leistungsfähigkeit und Haltbarkeit haben und Marken sind „in“, wenn sie kreativ und innovativ sind.
In Bezug auf das Produkt Jeans wird deutlich, dass Kids ab 11 zur Markenorientiertheit tendieren. Kinder ziehen in diesem Alter Marken dem No-Name-Produkt vor. Interessant ist dabei auch, dass dies bei Jungen stärker der Fall zu sein scheint als bei Mädchen, welchen ja durch Klischees der Werbung eher Modebewusstsein nachgesagt wird. Ebenfalls festzustellen ist ein solcher Unterschied auch zwischen Ost und West.
Abgesehen von der generellen Markenorientiertheit als solcher, kommt noch hinzu, dass bereits Kinder im Vorschulalter sich nach der Meinung ihrer Freunde richten und später die Clique einen ungeahnten Einfluss erlangt. Dass die Peer-Group einen doch entscheidenden Einfluss hat, nicht zuletzt weil es ja um Anerkennung innerhalb einer Gruppe geht, freut natürlich die Werber, bereitet jedoch unter dem päd. psych. Blickwinkel Kopfzerbrechen. Etwas mehr dazu später.