Preisschwellen und Preisoptimierung
Das Konzept der Neuner – Preise führt auch zur Vermutung so genannter Preisschwellen. Es scheint eine Art „fairen Preis“ zu geben, der von zwei Extrempunkten eingerahmt wird, außerhalb derer die Kaufbereitschaft für ein Produkt abnimmt. Innerhalb dieser Schwellen werden Preisschwankungen kaum wahrgenommen.
Preisschwellen werden als ganze Zahlen, nicht als Neuner – Preise dargestellt. Preisschwellen sind so zu verstehen, dass der Absatz z.B. bei Verteuerung eines Produktes nicht kontinuierlich sinkt, sondern stufenweise, wobei Preisbewegungen innerhalb einer Stufe kaum bemerkt werden. Laut Felser (2001) kann die „Annahme solcher Schwellenpreise … den paradoxen Effekt haben, daß gleich große Unterschiede sehr unterschiedlich wahrgenommen werden“ (Felser, S. 412). Subjektiv wäre der Unterschied zwischen 27 Euro und 29 Euro geringer als der zwischen 29 Euro und 31 Euro, obwohl objektiv gesehen der Unterschied bei beiden Varianten 2 Euro beträgt.
Dieser Effekt wird allerdings nur wirksam, wenn der Konsument eine gewisse Kenntnis des Produkts und damit eine Vorstellung von einem „fairen Preis“ besitzt. Je weniger ein Konsument ein Produkt kennt, umso diffuser sind die repräsentierten Schwellenpreise. Für sehr markentreue Kunden spielt der Preis meist auch eine untergeordnete Rolle, sie kaufen häufig auch bei Preiserhöhungen „ihr“ Produkt weiter.
Bei einem Experiment der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wurden vier verschiedene Preise für Rama realisiert, nämlich 2,39 DM 2,19 DM als Sonderangebot ausgeschrieben, 1,99 DM und 1,79 DM. Bei genau 2 DM nahm man eine Preisschwelle an. Bei Unterschreitung dieser Schwelle verbesserte sich der Absatz wie erwartet signifikant. Bei der Senkung von 2,39 DM auf 2,19 DM gab es kaum eine Verbesserung des Absatzes, dagegen erhöhte sich der Absatz entgegen der Erwartungen beim Sprung von 1,99 DM auf 1,79 DM. Diese Ergebnisse lassen auf eine weitere Preisschwelle bei 1,80 DM schließen.
Bei diesem Versuch stellte man auch fest, dass sich der Anteil der markenuntreuen Kunden erhöht, wenn der Glattpreis unterschritten wird. Der Hauptabsatz war aber auf die Hortungskäufe der Markentreuen zurückzuführen. Es ist also sehr wichtig, den Anteil an „Stammkunden“ zu kennen, um den Absatz eines bestimmten Produkts richtig einschätzen zu können. Bei Preissteigerung springen nämlich die markenuntreuen Kunden viel eher ab als die Markentreuen. Hat man viele Stammkunden, ist dieser (im Vergleich eher geringere) Verlust zu verschmerzen. Bei einem Produkt, was kaum gewohnheitsmäßig gekauft wird, könnten durch eine Preiserhöhung viele Kunden verloren gehen.
Die Kaufbereitschaft verändert sich also nicht kontinuierlich, sondern stufenweise. Dabei wird für ein Produkt gleich die Existenz mehrerer Schwellenpreise angenommen, die vermutlich in unterschiedlichen Abständen voneinander auf einem Preiskontinuum liegen. Ein optimaler Profit lässt sich laut Felser (2001) erzielen, wenn der Preis eines Produktes knapp unter einer Preisschwelle liegt.