Preisänderungen
Das Prinzip „sinkt der Preis, steigt seine Nachfrage“ (und umgekehrt) gilt natürlich nicht ohne Einschränkungen. Verteuert sich ein Produkt plötzlich, kann das ein Anzeichen für einen allgemeinen Preisanstieg sein. Das kann dazu führen, dass viele Konsumenten noch schnell zugreifen, bevor das Produkt noch teurer wird. Umgekehrt kann aber auch ein sinkender Preis zuerst zu einer zögerlichen Haltung führen, da die Konsumenten den nun erwarteten Preisverfall erstmal abwarten.
Mit den Preisänderungen sind zwei Strategien verbunden, die meist im frühen „Lebenszyklus“ eines Produktes greifen. Das eine Prinzip ist das so genannte „Abschöpfen“ („skimming“) und das andere die „Durchdringung“ („penetration“; Mullen & Johnson, 1990). Beim Abschöpfen wird das Produkt zuerst zu einem hohen Preis angeboten, was den Eindruck hoher Qualität vermittelt. Dabei werden Konsumenten, die einen hohen Preis bezahlen können und wollen, als Kunden gewonnen, d.h. „abgeschöpft“. Danach wird der Preis gesenkt, wobei das Kontrastprinzip zum Tragen kommt. Das neue Angebot wird nach dem vorangegangenen als wesentlich günstiger wahrgenommen. Stammkunden kaufen das Produkt jetzt umso bereitwilliger und neue Kunden werden dazu gewonnen. Bei der Durchdringung wird das Produkt zuerst möglichst günstig angeboten, um eine breite Käuferschaft anzusprechen. Nach einem längeren Zeitraum wird der Preis dann angehoben in der Hoffnung, dass sich die Kaufgewohnheiten so gefestigt haben, dass die Konsumenten trotz nun höherem Preis bei dem Produkt bleiben.
Ein Versuch von Doob, Carlsmith, Freedman, Landauer & Soleng (1969) hat allerdings gezeigt, dass Konsumenten bei einer Preiserhöhung doch eher die Marke wechselten. Die mögliche Erklärung lautet folgendermaßen: Ein Preis, der über einen längeren Zeitraum besteht, wird als gerechtfertigt empfunden, eine Preiserhöhung als ungerecht. Außerdem hat eine „durchdrungene“ Gruppe laut Doob et al. (1969) keine Loyalitätsgefühle gegenüber dem Produkt entwickelt, sondern ist höchstens daran gewöhnt, dieses Produkt zu kaufen. Eine „abgeschöpfte“ Gruppe müsste dem Produkt wohl aufgrund kognitiver Dissonanz positiver gegenüberstehen.
Ein schönes Beispiel sind an dieser Stelle Probe – Abonnements von Zeitungen. Dabei hat der Anbieter nun drei Möglichkeiten: Zum einen könnte er die Zeitung für einen begrenzten Zeitraum kostenlos abgeben. Das hätte zur Folge, dass zu Anfang viele Leute an dem Probeabo interessiert wären. Wenn das Abo dann den vollen Preis kostet, würden es allerdings nur wenige Kunden fortsetzen, weil der Bezug der Zeitung anfangs einfach durch den Umstand „gratis“ gerechtfertigt war und Qualitätsmerkmale der Zeitung nicht notwendig beachtet werden mussten und deshalb auch nicht gesehen wurden (Overjustification – Effekt). Die zweite Möglichkeit wäre, das Abo sofort zum vollen Preis zu vergeben. Hier werden natürlich nur solche Abonnenten gewonnen, sie sehr an der Zeitung interessiert sind. Damit gewinnt man zwar einen treuen Kundenkreis, die Zeitung wird aber nur in einem kleinen Interessentenbereich eingeführt.
Die Strategie, die die größte Anzahl an Abonnenten verspricht, ist die Einführung der Zeitung zum halben Preis. Das Probe – Abo spricht dann natürlich Personen an, die sowieso an der Zeitung interessiert sind. Die Vergünstigung (halber Preis) lockt aber auch eher unentschlossene Konsumenten an, die nicht voll gezahlt hätten. Da die Zeitung nicht komplett geschenkt ist, investieren alle Probe – Abonnenten etwas. Diese Handlung können die Abonnenten nun nicht mit der Erklärung „das Abo war kostenlos“ rechtfertigen, also wird die Zeitung qualitativ aufgewertet, um kognitive Dissonanzen („ich habe für eine schlechte Zeitung bezahlt“) zu vermeiden. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Abo fortgesetzt wird (vgl. Felser 2001, S. 410).